Der wirtschaftliche Wohlstand Deutschlands beruht seit Jahren auf Exporterfolgen, die mit der hochgradig wettbewerbsfähigen Produktion von innovativen technischen Gütern und Dienstleistungen erzielt werden. Die Erfolge des Produktionsstandorts Deutschland beruhen auf den Fähigkeiten in der Industrie, komplexe, arbeitsteilige und geografisch verteilte industrielle Prozesse zu steuern. Die fortwährende Verbesserung und Erneuerung von Prozessen und Produkten im Bereich der Hochtechnologie bestimmen also ganz unmittelbar das zukünftige ökonomische Wohlergehen des Landes.
Bekanntmachung zur Förderung von Forschungsvorhaben für die Weiterentwicklung des Softwaresystems BaSys 4.0 in der AnwendungMit dieser Bekanntmachung werden innovative Entwicklungen auf der Grundlage des technologieoffenen und auf RAMI 4.0 aufbauenden Basissystems Industrie 4.0 (BaSys 4.0) gefördert, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette durch die Nutzung intelligenter Daten Mehrwert generieren, nutzbar machen und neue bisher nicht genutzte Potenziale erschließen. Dabei stehen die Entwicklung von generischen Methoden und technischen Lösungen zur Reduzierung von individuellen Lösungen bei der Vernetzung bzw. Kopplung von Produktionssystemen mit Softwaresystemen sowie bei der Daten- und Anwendungsintegration im Vordergrund. Weitere Informationen zur BaSys 4.0 Technologie und zu Möglichkeiten der anwendungsfallbezogenen Anpassung und Weiterentwicklung im Rahmen der Projektförderung erhalten Sie bei folgenden Informationsveranstaltungen. |
Die Hightech-Strategie der Bundesregierung ist ausgerichtet auf die globalen Herausforderungen in den fünf Bedarfsfeldern Klima/Energie, Gesundheit/Ernährung, Kommunikation, Mobilität und Sicherheit sowie auf die Förderung von Schlüsseltechnologien. Zur Umsetzung wurden Ziele und Visionen in zehn Zukunftsprojekten formuliert. Eines dieser Zukunftsprojekte ist das 2011 entstandene "Industrie 4.0", dessen Ausgestaltung und Umsetzung von der Forschungsunion des BMBF im Rahmen der Hightech-Strategie entwickelt wurden. Industrie 4.0 zielt darauf ab, die deutsche Industrie auf die Zukunft der Produktion vorzubereiten.
Innovation durch Cyber-physische Systeme
Eine fundamentale Verbesserung und Erneuerung industrieller Prozesse wird durch die heutige Weiterentwicklung der IT und ihre weiter gehende Vernetzung ermöglicht. Sie sind der Ausgangspunkt von Industrie 4.0. Der Einbau von eingebetteten Systemen in viele Alltagsgegenstände hat die Verbindung von realer, physischer, und virtueller (Cyber-)Welt hergestellt. Vernetzte eingebettete Systeme - so genannte Cyber-physische Systeme, kurz: CPS - verknüpfen Alltagsgegenstände mit intelligenten Steuerungsprozessen. Die Vernetzung von CPS per Internet mit beliebigen anderen Computern wird als das "Internet der Dinge und Dienste" bezeichnet. Damit lassen sich in der Produktion einerseits verbesserte Feinsteuerung und Optimierung ebenso realisieren wie andererseits völlig neue Produktionsmethoden. Das BMBF hat dazu eine „Forschungsroadmap Cyber Physical Systems“ zur Fortentwicklung von Basistechnologien ausarbeiten lassen, die Forschungsprioritäten für Cyber Physical Systems benannte.
Industrie 4.0 ist heute ein Synonym für die Integration von CPS in Fertigung und Distribution sowie für den Einsatz des Internets der Dinge und Dienste in industriellen Prozessen. Industrie 4.0 bedeutet keineswegs nur die Optimierung bestehender IT-gestützter Prozesse, sondern die Erschließung von Potentialen aus einer feingranularen und differenzierten Verfolgung von Abläufen im Detail und kumulativen Effekten im Globalen, die vorher nicht erfassbar waren. Es bedeutet zugleich die intensivierte Verbindung zwischen Lieferanten und Kunden mit neuen Möglichkeiten wechselseitigen Nutzens.
Umsetzung
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat in seiner Aktionsstrategie vier zentrale Herausforderungen identifiziert, um Industrie 4.0 auf den Weg zu bringen:
- Mittelstand: Industrie 4.0 ist aktuell immer noch ein Forschungsthema mit zahlreichen Chancen und Potenzialen für eine vernetzte Fabrik. So können aufgrund von fehlenden technischen Standards derzeit noch keine zuverlässigen Angaben getroffen werden, welche Technik sich für die vierte industrielle Revolution als zukunftsfähig erweist. Um Industrie 4.0 dennoch „auf den Hallenboden“ zu bringen, hat das BMBF eine Fördermaßnahme aufgestellt, die sich insbesondere auf den Mittelstand konzentriert.
- Standards und IT-Architekturen: Um einen klaren Informationsfluss gewährleisten zu können, müssen technische Standards in der Referenzarchitektur definiert werden. ZVEI, VDMA und BITKOM haben eine „Referenzarchitektur Industrie 4.0“ (RAMI 4.0) vorgestellt, welche einen wichtigen Ansatz für die Umsetzung von Industrie 4.0 in der Praxis darstellt und die schrittweise standardisiert wird. Da einheitliche Standards alleine nicht ausreichen und die Komplexität bei der Softwareentwicklung aufgrund von steigenden Anforderungen stetig zunimmt, engagiert sich das BMBF weitere Lösungsansätze, aufbauend auf einer Referenzarchitektur Industrie 4.0, zu fördern und bereitzustellen.
- IT-Sicherheit: Durch die zunehmende Vernetzung der industriellen Produktion steigen auch die Sicherheitsanforderungen und damit die Befürchtung insbesondere der mittelständischen Unternehmen vor unbefugtem Zugriff und Missbrauch von sorgfältig gehütetem Wissen. Cybersicherheit und Datenschutz stehen beim BMBF daher besonders im Fokus und bilden einen Schwerpunkt im neuen IT-Sicherheitsforschungsprogramm. Außerdem wurde vom BMBF eines durch Industrie und Forschung gestütztes Sicherheits-Referenzsystem vorbereitet.
- Qualifikation: Industrie 4.0 ruft durch die zunehmende Integration von IT in den Produktionsprozess deutliche Veränderungen in den Arbeitsalltag der Beschäftigten hervor. Dies betrifft sowohl Arbeitsaufgaben und –prozesse als auch die Qualifikationsprofile der Mitarbeiter. Zudem bietet Industrie 4.0 zahlreiche Chancen für die Beschäftigten. Um neue Ideen für Arbeitsgestaltung, Kompetenzentwicklung und Präventionskonzepte zu erforschen und umzusetzen, wurde das Programm „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ vorgestellt.
Zur Realisierung von Industrie 4.0 veröffentlichte das BMBF bisher sieben Förderbekanntmachungen. Unter anderem werden im Rahmen der 2013 veröffentlichten Bekanntmachung „Virtuelle Techniken für die Fabrik der Zukunft – Ein Beitrag zum Zukunftsprojekt Industrie 4.0“ 5 Forschungsprojekte gefördert.
IT-Strategie
Die Forschungsförderung im IT-Bereich konzentriert sich auf Felder mit strategischer Bedeutung. Weitgehend unbeachtet, ist die Hardware-Basis von eingebetteten und cyber-physischen Systemen einem rapiden Wandel unterworfen. Die Hardware dieser Systeme besteht heute aus klassischen Ein-Kern Prozessoren. Sie werden in wenigen Jahren nicht mehr verfügbar sein und abgelöst durch Mehrkern-Prozessoren. Die Folgen sind erheblich, es überwiegen aber eindeutig die Potentiale für die Anwender. Für jede Art eingebetteter Systeme mit langjähriger Betriebsdauer bedeutet diese Umstellung auf die neue Mehrkern-Systemarchitektur den Umgang mit grundlegend anderen Bedingungen – wie etwa Parallelität und Nebenläufigkeit. Für Anwendungsgebiete mit zertifizierten eingebetteten Systemen bedeutet dieser Wandel zusätzlich eine besondere Herausforderung.
Zudem wird Software für eingebettete Systeme komplexer, weil mit der angestrebten durchgängigen Vernetzung im Internet der Dinge auch die funktionalen Abhängigkeiten zwischen eingebetteten Systemen exponentiell zunehmen und neue Zuverlässigkeitsanforderungen nach sich ziehen. Die Sicherheit vernetzter Systeme zu garantieren, ist eine weitere grundsätzliche Herausforderung, die bei eingebetteten Systemen methodisch ebenfalls bisher nicht im heute notwendigen Umfang beachtet werden musste. Für diese Erfordernisse ist die derzeitige Softwareentwicklung bei eingebetteten Systemen am Limit ihrer Möglichkeiten angekommen. In der Breite der Anwendungsdomänen sind methodisch fundierte Softwareentwicklungsmethoden notwendig, die durch einfach nutzbare Werkzeuge auch von der Praxis angenommen werden.
Für Industrie 4.0 spezifisch ist die intelligente Steuerung und Vernetzung von Maschinen und Anlagen. Für den Anlagenbau bedeutet das bereits heute die Integration von Komponenten in einer Anlage, die mit oft 25 und mehr verschiedenen Softwaresystemen ausgestattet sind. Der Maschinenbau wiederum, der in großem Umfang die Software für eigene Produktlinien entwickelt und pflegt, sieht sich mit den Anforderungen durch Kundenwünsche und die Vernetzung herausgefordert. Die bestehenden Systemlandschaften im Maschinen- und Anlagenbau sind zu kleinteilig und heterogen, um dazu jeweils ein „Ökosystem“ geeigneter Softwareentwickler und moderner Werkzeuge entstehen zu lassen. Hier sind Anstrengungen nötig, die verschiedenen Ebenen der IT-Systemarchitekturen zu vereinheitlichen.
Die BMBF-Förderung zielt deshalb auf drei Ebenen ab:
- Unterstützung bei der Umstellung durch den mit Mehrkern-Hardware hervorgerufenen Wandel in der Software-Entwicklung.
Das 2015 abgeschlossene Projekt ARAMiS hat effektive Methoden zur Entwicklung eingebetteter Mehrkern-Systeme erbracht. Im ARTEMIS-Projekt EMC² wird an der Flexibilisierung dieser Systeme gearbeitet, um Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit weiter zu erhöhen. Und schließlich geht es in dem 2016 gestarteten Projekt ARAMiS II um effiziente Methoden und Werkzeuge für die Entwicklung eingebetteter Mehrkern-Systeme. - Methoden- und Werkzeugentwicklung für die Softwareproduktion bei eingebetteten Systemen.
Das BMBF begann 2010 mit der Abfolge der Projekte SPES 2020, SPES_XT Core sowie aktuell SPEDiT und CrESt zur Entwicklung von Methoden und praxisgerechten Werkzeugen für die Softwareentwicklung bei eingebetteten Systemen. CrESt erweitert das Spektrum auf kollaborierende Eingebettete Systeme; SPEDiT soll die Ergebnisse in die Breite tragen. - Entwicklung eines Basissystems Industrie 4.0 auf Basis von RAMI 4.0 als Architekturkonzept, das eine vereinheitlichte modulare Softwareumgebung zwischen eingebetteter Hardware und Kommunikationsnetzwerk bzw. Anwendungssoftware für Industrie 4.0 bietet.
Das Verbundprojekt BaSys 4.0 hat im Juli 2016 seine Arbeit aufgenommen. In dem Projekt sollen digitale Grundlagen erforscht und entwickelt werden, um Produktionsanlagen effizient miteinander sowie mit Planungs- und Steuerungssystemen zu verbinden.
Die Förderung des BMBF adressiert damit von der Modernisierung der zugrunde liegenden Hardware über die Nutzung und Verbreitung effizienter Methoden und Werkzeuge der Softwareentwicklung bis zur Entwicklung eines gemeinsam nutzbaren Software-Basissystems entsprechend der Referenzarchitektur RAMI 4.0 alle Ebenen der IT-Entwicklung, die für die erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 in der Praxis entscheidend sind.